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Es gibt zwei Dinge im Leben die man nie verborgt – seinen Partner und seinen Füllfederhalter

"Der Standort Dessau war gerade am wachsen – wo bald die Mensa und Haus 5 hinkommen sollten, war einer der schlimmsten Parkplätze weit und breit"

Erst einmal euch und uns alle Herzlichen Glückwunsch zu den 30 Jahren. „Kinder wie die Zeit vergeht!“ will man am liebsten verschmitzt vor sich her sagen und stellt dabei (fast erschreckend) fest ... verdammt – mein erster Studientag ist ja auch schon über 20 Jahre her. Ein kleiner Blick in den Spiegel bestätigt dies leider immer mehr ... Geheimratsecken, grauer Bart, ein Auto in der Garage was mehr als 600DM gekostet hat und das ein oder andere Pfund wird jetzt über dem Gürtel getragen. Die 40er halt.

Wie soll ich anfangen? Natürlich wie jede gute Geschichte. Es war einmal vor langer Zeit im Herbst 1998. Aber bevor ich anfange muss ich zuvor etwas weiter ausholend sagen, dass ich eigentlich im Oktober 1997 anfangen wollte zu studieren. Allerdings musste ich im August desselben Jahres feststellen, dass man sich zu einem Studium nicht mal so schnell ein paar Wochen vorher melden kann und dann geht es bald los. Nein, viel mehr galt es, Termine herauszufinden und dann auch noch einzuhalten. Da war mir plötzlich klar, dass mein leichtes und unbeschwertes Jugendleben anscheinend zu einem jähen Ende gekommen war (oder doch nicht?). Egal ... nach einem 52-wöchigen Vorpraktikum am Bau (was ich natürlich in den Augen meinen Eltern lange vorher so geplant hatte) ging es dann endlich los.

"China war während des Studiums und auch danach stets präsent"

Donnerstag der 1. Oktober 1998 ... was für ein Tag. Sonne lacht, in die besten Ende der 90er Klamotten geschmissen (man will ja gleich ‘nen guten Eindruck machen) und in meinem Kopf spielte ich bereits meine gesamte Studienkarriere schon Bild für Bild durch. Aber als ersten offiziellen Akt gab es Teilnahme an der Einführungsveranstaltung im großen Saal in Haus 8. Nachdem Professor Kozel (so glaube ich jedenfalls) seine Ansprache an uns gehalten hatte, wollte er wissen, ob denn noch jemand eine Frage hat und da sah ich meine Chance kommen die ersten Akzente zu setzen – „Ähm, ja, hier, ich. Tschuldigung aber macht es eigentlich Sinn, wenn wir wirklich bereits morgen anfangen müssen - an einem Freitag ? Oder reicht es nicht auch kommenden Montag aus?“ Bamm – die ersten Lacher auf meiner Seite aber ein konsequentes „Nein“ seinerseits bereitetem dem Traum ein jähes Ende. Egal – der erste kurze Ruhm war da.

Studium ... war einfach cool und aufregend zu der Zeit. Der Standort Dessau war gerade am wachsen – wo bald die Mensa und Haus 5 hinkommen sollten, war einer der schlimmsten Parkplätze weit und breit. Erbsensuppe in der Bauhauskantine und der Wurm am alten Studentencafé wurde auch bald aufgestellt. Im Copy Shop Hunderte von Mark gelassen, die erste Digitalkamera mit 0,8MP besorgt (wow), am Zeichenbrett die ersten Entwürfe gemacht und im Wasserbau Praxisteil mit dem Kanu auf der Elbe ein Bier mit dem Professor getrunken. Natürlich war auch lernen und Nerven lassen an der Tagesordnung, aber das gehört ja dazu – unter der Devise „Hauptsache durch, so gut es geht“ haben wir es dann auch (fast) alle geschafft.

"Dank dem Studium und der Zeit in Dessau sind sehr sehr sehr gute Freundschaften entstanden und vor allem geblieben."

Auch waren wir, so glaube ich, die erste Gruppe von Studenten welche sowohl in China (1999 oder 2000) als auch Brasilien (2002) die Hochschule als Delegation „würdig“ (und teilweise feucht fröhlich) vertreten durfte – mit großer Unterstützung von unserem Professor. Die verbotene Stadt, die große Mauer, Shanghai, eine Fahrt auf dem Yanktze, ein „Überraschungs“-Fußballspiel unter Studenten mit über Tausend Fans sang und klanglos verloren, die Christus Statue erklommen, die Bauten von Oscar Niemeyer bestaunt, den brasilianischen Regenwald besucht ... und und und ... letztendlich sogar die Diplomarbeit in Zusammenarbeit mit der brasilianischen Partneruniversität geschrieben. China war während des Studiums und auch danach stets präsent. Zum Praxissemester ging es dann zusammen mit einem Kommilitonen aus Dessau zurück nach China - nach Chengdu. Auch hier waren wir, im Herbst 2000 so glaube ich, die ersten Hochschule Anhalt Studenten im Austausch gewesen. 6 Monate, welche ich nie vergessen werde.

Was bleibt: Freundschaften fürs Leben

Dank dem Studium und der Zeit in Dessau sind sehr sehr sehr gute Freundschaften entstanden und vor allem geblieben. Dies holt man sich aber erst wieder ins Bewusstsein wenn man mal die Jahre Revue passieren lässt und realisiert, dass es (bei fast allen) vom ersten Tag an gefunkt hat. Franzi, als meine Partnerin sowieso. Seit 1998 gibt es uns im Doppelpack ... in dem Jahr sind wir ein Paar geworden und haben miteinander angefangen in Dessau zu studieren ... Studium, Ausland, Arbeit, Welt erkunden ... quasi immer zusammen und wir können tatsächlich nach 23 Jahren immer noch oft und sehr herzlich miteinander (aber teilweise auch übereinander) lachen und haben unseren Spaß zusammen. Rainer und Lutz, die ich seitdem sehr dankbar zu meinen besten Freunde zählen darf und die mit einem jederzeit durch dick und dünn gehen würden (Lutz etwas dünner, Ich etwas dicker und Rainer so dazwischen). Anja, die ich zu Ihrem heutigen Ehemann geraten haben und mit der mich seit dem Studium eine sehr enge Frauen-Männer Freundschaft verbindet. Und natürlich Netti, die im Studium als allgemein legitime Schwester (oder wenigstens Cousine) von Franzi angesehen wurde und wie schon zuvor bemerkt Herzensfreundin und mit Matti (welcher nebenbei erwähnt auch in Dessau studiert hat) Eltern unserer Patenkinder sind.

 

Danke auch an (und jetzt komm ich mir fast vor wie bei der Oscar Verleihung) Professor Hermansen, ohne den ich heute nicht da wäre wo ich jetzt bin und all die schönen und verrückten Dinge nie erlebt hätte.

 

Und da man immer mit einem guten Zitat abschliessen soll, darf ich genau den Professor Hermansen zitieren. Als ich mir nach der Diplomverteidigung einen Füllfederhalter zur Leistung von einer Unterschrift kurz von ihm ausborgen wollte verneinte er dies und hat mir Folgendes ans Herz gelegt:

Es gibt zwei Dinge im Leben die man nie verborgt – seinen Partner und seinen Füllfederhalter

Professor Hermansen

 

Verdutzt, kurz verzweifelt, noch kürzer genervt, aber lächelnd dann doch mit irgendeinem anderen Stift unterschrieben. Das Zitat bleibt mir aber bis heute.

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