Projekt

Florian Meßner - Geoinformationssysteme Masterarbeit

Berechnung stadtstruktureller Parameter anhand einer objektorientierten Landbedeckungsklassifizierung aus Luftbilddaten der Landeshauptstadt München

Einreichung der Arbeit: Januar 2019

Die Arbeit zeigt am Beispiel der bayerischen Landeshauptstadt München einen Workflow auf, wie aus turnusmäßigen Befliegungs- und weiteren amtlichen Vermessungsdaten mit Methoden der Bildanalyse sogenannte stadtstrukturelle Parameter als kartographische Arbeitsgrundlage für die Akteure der Stadtverwaltung generiert werden können.

Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass eine der zentralen Aufgaben in München die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum unter Beachtung des Aspekts der Nachhaltigkeit ist. Weil daraus die Zielstellung abzuleiten ist, bis 2030 möglichst viele Flächen für den Wohnungsbau mit den Instrumenten Nachverdichtung, Umstrukturierung und Neuentwicklung zu generieren, stellt sich die Frage, wo sich dafür geeignete Flächen im Münchner Stadtgebiet befinden und wie sie sich erfassen und quantifizieren lassen.

Als Datengrundlage wurden im Rahmen dieser Arbeit Luftbilddaten aus turnusmäßigen Befliegungen der Landeshauptstadt München in den Jahren 2015 und 2017 und einige amtliche GIS-Daten der bayerischen Vermessungsverwaltung und der Münchner Stadtverwaltung (Hausumringe, Flurstücksgrenzen, Baublöcke, ...) genutzt. In Anbetracht der zur Verfügung stehenden Zeit und Rechenkapazität konnten nur kleine Ausschnitte des gesamten Stadtgebietes herangezogen werden, die aber so ausgewählt waren, dass sie die Heterogenität des Stadtgebietes möglichst gut abbilden.

In der Arbeit werden verschiedene Methoden der Aufbereitung der nach der Befliegung vorliegenden Rohdaten ausführlich erläutert (Orientierung der Luftbilder, Berechnung eines Digitalen Oberflächenmodells, True-Orthophoto-Ableitung, Erstellung eines 3D-Mesh, Berechnung eines Digitalen Geländemodells).

Als entscheidende Voraussetzung für die Berechnung stadtstruktureller Parameter wird eine objektorientierte Landbedeckungsklassifizierung herausgestellt. Für diese Aufgabenstellung wurde im Rahmen der Arbeit die Software eCognition der Firma Trimble genutzt. In Vorbereitung der Auswertungen war eine automatisierte Aufbereitung der Eingangsdaten erforderlich, die mit Hilfe des Werkzeugs ModelBuilder in Esri ArcGIS Pro durchgeführt wurde.

Nach einer ausführlichen Darlegung bestehender Nomenklaturen und Konzepte für Landbedeckungsklassifizierungen und existierender stadtstruktureller Parameter für München wird das in der vorliegenden Arbeit angewandte methodische Vorgehen erläutert, das auf dem im Rahmen des europäischen Copernicus-Programms erarbeiteten und veröffentlichten sogenannten EAGLE-Concept beruht. Hierbei handelt es sich um einen objektorientierten Ansatz, der flexibel genug ist, um neue Elemente in das Modell einzufügen und so auch die Detektierung von Objekten in den bei Luftbilddaten üblichen Größenordnungen ermöglichen kann.
Die praktische Umsetzung dieses Ansatzes war mit Hilfe der Software eCognition Suite möglich. Nach einer ausführlichen Darlegung ihrer Möglichkeiten (u.a. Kombination mehrerer Datengrundlagen, Entwicklung eines Regelsatzes als Process Tree, nahezu unbegrenzte Kombination von Attributen und Indizes, Berechnung statistischer Parameter, Berechnung von Vegetationsindizes, Segmentierung der Datensätze, Wissensmodellierung, Klassifizierung) wird die im Rahmen der Arbeit erfolgte Anwendung auf die vorliegenden Daten beschrieben.

Hierbei wurde ein Klassifizierungsansatz realisiert, der zwischen Gebäuden, Wasser, Vegetation, künstlichen Sportplätzen, offenem Boden, Gleisanlagen und versiegelten Flächen unterscheidet und auch geeignete Teilklassen (z.B. konventionelle Häuser, Hochhäuser, Kirchen oder holzige Vegetation, krautige Pflanzen usw.) definiert.

Die Validierung (Überprüfung) der mittels eCognition vorgenommenen Segmentierung und Klassifizierung erfolgte als Kompromiss zwischen größtmöglicher Genauigkeit und schnellstmöglicher Erzeugung des Referenzdatensatzes in Form eines visuellen Vergleichs mit dem zugehörigen Orthophoto unter Benutzung der Software ArcGIS Pro.

Hierbei wurde eine sogenannte Konfusionsmatrix erstellt und damit die Vollständigkeit und Korrektheit für jede Klasse sowie die Gesamtgenauigkeit berechnet. Für den Datensatz mit unbelaubter Vegetation (Befliegung vom März 2015) ergab sich dabei eine Gesamtgenauigkeit von 88,3 % und für den Datensatz mit belaubter Vegetation (Befliegung vom August 2017) eine Gesamtgenauigkeit von 97,0 %.

Daraus konnte gefolgert werden, dass sich Daten aus Luftbildern, die in photosynthetisch aktiven Zeiträumen aufgenommen werden, am besten für die Erzeugung einer genauen, zuverlässigen und semantisch vielfältigen Landbedeckungsklassifizierung eignen, wobei im vorliegenden Fall beide untersuchten Datensätze eine statistisch ausreichend abgesicherte Grundlage für die nachfolgende Berechnung stadtstruktureller Parameter liefern konnten.

Zwecks Ableitung stadtstrukturellen Parameter aus den Daten der Landbedeckungsklassifizierung wurden mehrere Verarbeitungsschritte mit dem Geoinformationssystem Esri ArcGIS Pro durchgeführt. Insbesondere mussten diese Daten mit den Geometrien der Flurstücke verschnitten und zusammengefasst werden, um eine anteilige Flächenberechnung durchführen zu können.

Als ausgewählte stadtstrukturelle Parameter wurden im Rahmen der Arbeit der Vegetationsgrad, die Vegetationsverteilung, der Versiegelungsgrad, das Bauvolumen und die Versiegelungseffizienz berechnet und außerdem kartographisch aufbereitet, so dass der jeweilige Sachverhalt sich den Akteuren der Stadtverwaltung in kurzer Zeit erschließt und als Arbeitsgrundlage für weitere Planungen anbietet.

Aus den berechneten stadtstrukturellen Parametern können beispielsweise Fragen wie die folgenden entweder unmittelbar oder durch Einbeziehung bereits vorhandener weiterer Daten beantwortet werden:
- Wie hoch ist generell der Anteil an Vegetation je Flurstück und wie verteilt sich die Vegetation unter den Stadtbezirken?
- Welcher Stadtbezirk weist den höchsten durchschnittlichen Versiegelungsgrad je Flurstück auf?
- Wo können mittels Überbauung bereits versiegelte Flächen effizienter genutzt werden?
- Wo und in welchem Maße kann durch Aufstockung von Gebäuden neuer Wohnraum geschaffen werden?
usw.