Projekt

Lukas Hohmann - Vermessung und Geoinformatik - dual Bachelorarbeit

Building Information Modeling einer Umbauplanung eines Bestandsobjekts mithilfe von Laserscandaten

Einreichung der Arbeit: März 2021

Das Buildung Information Modelling (kurz: BIM), eine softwaregestützte, ganzheitliche Methode für die Planung, den Bau und die Bewirtschaftung von Gebäuden und anderen Bauwerken, findet derzeit verstärkt praktische Anwendung.
So hat sich in Deutschland das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Jahre 2020 das Ziel gestellt, das BIM-Konzept bei allen neu zu planenden Verkehrsinfrastrukturprojekten zur Anwendung zu bringen.

Da der Geodät die geometrische Basis eines BIM-Modells bereitstellt, kann er in Zukunft für die BIM-Methodik eine entscheidende Rolle spielen, indem er die Aufgaben eines BIM-Managers und BIM-Koordinators übernimmt.
Zudem wird in den kommenden Jahren das Bauen im Bestand eine wachsende Bedeutung erlangen, wobei die Bestandsbauten für die Anwendung von BIM zunächst messtechnisch erfasst werden müssen, was ebenfalls in das Aufgabengebiet des Geodäten fällt.

Die Zielstellung der Arbeit bestand darin, die erforderlichen Teilschritte einer BIM-gerechten Bestandsdatenerfassung für die Planung einer Umbaumaßnahme aufzuzeigen, im Rahmen einer praktischen Aufgabenstellung soweit wie möglich zu realisieren und die Ergebnisse im Hinblick auf Praktikabilität und Einhaltung geforderter Genauigkeiten kritisch zu werten.

Konkret handelte es sich bei dem im Rahmen der Arbeit zu erfassenden Bestandsobjekt um eine seit längerer Zeit ungenutzte Werkshalle der ehemaligen Grusonwerke in der Salbker Straße in Magdeburg mit einer Länge von ca. 230 und einer Breite von ca. 180 Meter.
Für dieses Objekt waren erste Überlegungen für eine Umbauplanung angestellt worden, welche die Errichtung von Bürogebäuden und mehrerer abgetrennter Gewerbehallen mit jeweils einem Lagerplatz und einem kleineren Bürogebäude beinhalten sollte.

In der schriftlichen Arbeit werden zunächst der Aufbau des Bestandsobjekts, die Anforderungen an die messtechnische Erfassung, der methodische Ansatz für die durchzuführenden Arbeiten und die allgemeinen Grundlagen des Building Information Modeling ausführlich erläutert.
Eingegangen wird unter anderem auf folgende Themen:
- DIN-Normen für Vermessungsanforderungen zur Bestandsdokumentation von Bauwerken (DIN 1356-6, DIN 18202, DIN 18709-2, DIN 18709-6, DIN 18710-1, DIN 18710-2)
- Baufachliche Richtlinien Vermessung, baufachliche Richtlinien Gebäudebestandsdokumentation und Qualitätsstufen für Vermessungsergebnisse bei BIM-Anwendungen nach Lars Sörensen
- Wichtige Merkmale und Vorteile von BIM
- Standards, Normen und Richtlinien im Zusammenhang mit BIM (VDI 2552, DIN SPEC 91391, ISO 16739, ISO 19650, ISO 29481 u.a.)
- Geodätische Aufgaben im Zusammenhang mit BIM und Anforderungen an die Zusammenarbeit der verschiedenen BIM-Akteure

Die anschließenden Kapitel der Arbeit dokumentieren ausführlich die praktische Umsetzung des zuvor erläuterten methodischen Ansatzes bei der Erfassung und Modellierung des Bestandsobjekts.

Zunächst wurden für die später erforderliche Georeferenzierung mehrere Festpunkte mit Rohren und Nägeln vermarkt und deren Lage- und Höhenkoordinaten in den amtlichen Bezugssystemen ETRS89/UTM und DHHN2016 durch satellitengestützte Vermessung mit Hilfe eines GNSS-Empfängers bestimmt.
Es wurde das RTK-Verfahren angewandt, wobei mehrere Faktoren erläutert werden, die berücksichtigt werden mussten, um die geometrische Unsicherheit möglichst gering zu halten.

Für die eigentliche Erfassung des Bestandsobjekts wurde das Verfahren des Terrestrischen Laserscannings angewandt, welches gegenwärtig aufgrund seiner Geschwindigkeit und Flexibilität das meist genutzte Messverfahren bei der Bestandsdokumentation von Gebäuden und weiteren BIM-konformen Aufgaben ist.
Bei dem konkreten Projekt wurden von insgesamt 102 Standpunkten aus jeweils Punktwolken aufgenommen und anschließend mit Hilfe der Software Leica Cyclone zu einer Gesamtpunktwolke vereinigt.
Näher erläutert werden in der schriftlichen Arbeit die für die Verknüpfung der einzelnen Punktwolken benutzten Zieltafeln und Referenzkugeln und die für eine sinnvolle Standpunktwahl erforderlichen Vorüberlegungen.

Bei der Bearbeitung in Cyclone wurden zunächst nicht relevante Bereiche wie Vegetation und angrenzende Gebäude sowie störende Reflexionen aus den Punktwolken entfernt. Konnten die als Verknüpfungspunkte vorgesehenen Mittelpunkte bestimmter Zieltafeln aufgrund zu großer Scanentfernungen von der Software nicht eindeutig bestimmt werden, mussten in Cyclone ersatzweise an geeigneten Stellen (z.B. Eckpunkte von Fenstern oder Wanddurchbrüchen) virtuelle Verknüpfungspunkte angelegt werden.

Aufgrund der Überbestimmtheit der Verknüpfungspunkte können von Cyclone für die entsprechenden Koordinaten in den einzelnen Punktwolken Abweichungen bestimmt werden.
Dies wurde genutzt, um die Registrierung der Gesamtpunktwolke (das heißt, die rechnerische Verknüpfung der Teilpunktwolken) in Etappen durchzuführen und dabei schrittweise Verknüpfungspunkte mit zu großen Abweichungen (mehr als 5 mm) von der Registrierung auszuschließen.
Damit wurde angestrebt, für das Projekt eine Messgenauigkeit der Klasse L4 gemäß DIN 18710-1 (hohe Genauigkeit) zu erreichen. Da bei der etappenweisen Registrierung letztlich ausreichend viele Verknüpfungspunkte mit hinreichend kleinen Abweichungen erhalten blieben, ist die Aussage gerechtfertigt, dass dieses Ziel erreicht wurde.

Um einen gebäudeübergreifenden, einheitlichen Raumbezug herzustellen, wurde die Gesamtpunktwolke nach der Registrierung unter Benutzung der zuvor satellitengestützt bestimmten Festpunktkoordinaten georeferenziert.
Zu diesem Zweck wurden die Koordinaten der Festpunkte, welche bei der Registrierung auch als Verknüpfungspunkte benutzt worden waren, in Cyclone in Form einer Textdatei importiert. Diese Textdatei wurde anschließend mit der Punktwolke verknüpft.

Nach Vorliegen einer georeferenzierten Gesamtpunktwolke des Bestandsobjekts konnte diese als Datengrundlage einer 3D-Bestandsmodellierung für ein BIM-konformes Modell benutzt werden, wobei mit der BIM-Software Autodesk Revit gearbeitet wurde.

Es werden Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten des Imports einer mit Cyclone erstellten Punktwolke nach Revit erörtert (z.B. unter Verwendung einer RCP-Datei oder mit Hilfe des Revit-Plugins PointCap4Revit oder mit Hilfe des Revit-Plugins CloudWorx, welches wiederum mehrere Möglichkeiten dafür bereitstellt).
Als besonders geeignet erwies sich die von CloudWorx angebotene Möglichkeit der Verknüpfung eines Cyclon-Projektes mit Revit, die deshalb auch angewendet wurde.

In der schriftlichen Arbeit wird ausführlich beschrieben, wie verschiedene von Revit bereitgestellte Hilfsmittel wie vordefinierte Bauteilfamilien (z.B. für Wände, Dächer, Geschossdecken, Fenter, Türen, ...), die Möglichkeit der Erstellung von Referenzebenen für Höhenbezüge oder des Anlegens von Achssystemen, genutzt wurden, um  unter Verwendung der Punktwolke Elemente wie Wände, das Dach, Stahlstützen, Stahlträger, Oberlichter und Fenster zu modellieren.
Im Ergebnis liegt für das Bestandsobjekt ein vollständiges und BIM-konformes Modell vor, welches als Referenzmodell für künftige Planungen dienen kann.

Um das Nutzungspotenzial dieses Referenzmodells zu demonstrieren, wurde es im Rahmen der Arbeit als Grundlage für eine mögliche Umbauplanung benutzt, die auf vorliegende erste Planungsunterlagen (z.B. einer 2D-Zeichnung zur Flächenverteilung zwischen den vorgesehenen Gewerbeflächen und Bürogebäuden) basierte.
Das vorliegende Bestandsmodell wurde zunächst kopiert und dann für die weitere Planung genutzt. Nachdem alle für die Umbauplanung unwichtigen Modellbestandteile entfernt worden waren, wurden in Revit ähnlich wie bei der Modellierung des Bestandsmodells die verschiedenen für die Umbauplanung benötigten Elemente (z.B. Wände für die neuen Bürogebäude und Gewerbehallen, Wandaufbau mit Innenputz, Mauerwerk, Dämmung und Außenputz, Rolltore, Fenster, Türen, ...) modelliert.
Hierbei wurde auch berücksichtigt, dass die neu zu errichtenden Gebäude an den vorhandenen Stahlstützen auszurichten waren.

Die schriftliche Arbeit wird ergänzt durch einige weitere Darlegungen zu grundlegenden Arbeitsweisen in BIM-Projekten.
So wird auf die von der Software Revit angebotenen Möglichkeiten der Nutzung von Phasen und Bauteillisten in BIM-Projekten eingegangen und auf die Vorteile eines einheitlichen, offenen Datenaustausches zwischen den Fachanwendungen und zwischen den Akteuren eines BIM-Projektes.
In diesem Kontext werden wichtige Datenformate wie IFC und BCF näher erläutert, aber auch weitere Standards wie IDM und bsDD erwähnt.

Abschließend werden einige Betrachtungen zur gegenwärtigen und zukünftigen Wirtschaftlichkeit der BIM-Methode angestellt.
Dabei wird betont, dass durch BIM die Planung, der Bau und der Betrieb eines Gebäudes wegen der damit verbundenen Möglichkeiten der effektiven Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den Akteuren  deutlich wirtschaftlicher gestaltet werden kann.
Gleichzeitig wird aber auch darauf hingewiesen, dass die gegenwärtig oft noch geringen Erfahrungen mit BIM und die erforderlichen Voraussetzungen an Hard- und Software mit mehr Bearbeitungszeit, einem höheren Arbeitsaufwand und hohen Anschaffungskosten verbunden sind, die gerade bei kleineren Betrieben zu wirtschaftlichen Nachteilen führen können.

Zusammenfassend wird konstatiert, dass die Entwicklung von BIM in Deutschland bisher relativ langsam vorangeschritten ist.
Es wird darauf verwiesen, dass die Entwicklung derzeit noch anhält und die BIM-Methode komplett in die Arbeitsprozesse integriert werden muss, damit die dadurch möglichen wirtschaftlichen Vorteile und Erfolge vollständig sichtbar werden.