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Prof. Dr. Michael Cebulla

Was dürfen Google, YouTube und Co. eigentlich mit den Daten machen, die sie für ihren Algorithmus sammeln? Nach den enormen Erfolgen der Informatik in den letzten Jahrzehnten stellt sich immer drängender die Frage, mit welchen Methoden komplexe IT-Systeme oder Anwendungen beherrschbar und transparent gestaltet werden können. Welche ethischen, welche gesellschaftliche Aspekte müssen zur Beantwortung dieser Fragen berücksichtigt werden? Michael Cebulla, Doktor der Informatik und Philosophie, will sich als neuer Professor für Angewandte Informatik an der Hochschule Anhalt mit diesen Forschungsfragen auseinandersetzen. Im Interview erzählt er über die Faszination an seinem Fachgebiet, wie er seine Lehre vorbereitet und was er den Studierenden mit auf den Weg geben möchte.

Prof. Cebulla, Sie haben in Berlin Informatik studiert. Können Sie sich noch erinnern, wer oder was Sie in Ihrem Studium besonders geprägt hat?
Oh, das ist lange her. Ich habe mich damals sehr für Künstliche Intelligenz (KI) und Betriebssysteme interessiert. Das sind ja zwei Teilgebiete der Informatik, die sich stark gewandelt haben.

Was hat sich im Informatikstudium seit Ihrem Studium verändert?
Technologisch sehe ich da gar nicht so viele Verschiebungen, eher Konsolidierungen. Während die Informatik früher eine Expertendisziplin war, ist sie heute eine gesellschaftliche Leitdisziplin, an der niemand mehr vorbeikommt. Nehmen Sie das Thema Programmierung. Frühere Programmiersprachen waren komplizierter zu nutzen als heute. Heutzutage ist die Programmierung auf dem Weg, eine Querschnittstechnik zu werden, die in allen Bereichen zum Einsatz kommt. Viele Studienanfänger kommen bereits mit Vorkenntnissen an die Hochschule. Darauf muss die Hochschule in den ersten beiden Semestern des Studiums reagieren, da viel Wissen schon aus der Schule da ist, was früher erst an der Universität erlernt wurde.

Sie wurden für das Fachgebiet Angewandte Informatik an die Hochschule Anhalt berufen. Können Sie kurz beschreiben, welche Inhalte das umfasst?
Wichtig ist mir die industrielle Anwendung der Konzepte und Technologien unter besonderer Berücksichtigung regionaler Bezüge und Fragestellungen. Mit welchen Engineering Methoden können zum Beispiel die Ergebnisse des maschinellen Lernens in verteilte und mobile Systeme integriert und damit allgemein verfügbar gemacht werden. 

Was hat die Faszination für Ihr Fachgebiet geweckt?
Das Faszinierende an der Informatik besteht darin, dass sehr viele verschiedene methodische Einflüsse zusammentreffen. Von Theorie zur Praxis, von der Philosophie oder Mathematik bis zur technischen Umsetzung, wo es dann tatsächlich um Schaltkreise geht. Ich sehe da die große Herausforderung, komplexe System auf all diesen Ebenen transparent und beherrschbar zu entwickeln und zu betreiben. Es gibt da eine Vielzahl von Herausforderungen auf allen Ebenen –das Gesamtproblem der technologischen Beherrschbarkeit ist sehr komplex und Komplexität fand ich schon immer faszinierend.

Sie haben als Softwareentwickler gearbeitet und waren viele Jahre an der Hochschule Schmalkalden als Professor tätig…
… ja, ich habe als Softwareentwickler bei AEG in der Luftverkehrskontrolle und im öffentlichen Nahverkehr gearbeitet, für Daimler als Gruppenleiter für verteilte und mobile Anwendungen im Automobilbereich, aber auch für Healthcare-, Logistik- und Versorgungsunternehmen. Ein intensiver Industriebezug war also immer da.

Jetzt sind Sie an der Hochschule Anhalt. Wie haben Sie sich auf die neuen Aufgaben vorbereitet?
Ich bin noch dabei, mich vorzubereiten. Gerade bereite ich meine Vorlesungen für den Semesterstart vor und richte die Lehrinhalte auf die Studierenden aus. Mir ist eine inhaltlich und theoretisch fundierte Ausbildung wichtig, gleichzeitig auch ein hoher Praxisbezug für die Studierenden. Neben der Lehre möchte ich Industriekooperationen ausbauen und die Internationalisierung weiter vorantreiben.

Antworten Sie gerne mit persönlichem Bezug oder allgemein: Welche Entdeckung, Erfindung oder Erkenntnis wünschen Sie sich in den nächsten zehn Jahren?
Zehn Jahre ist ein langer Zeitraum. Was ich mir wünsche und woran ich arbeite, ist, dass die IT-Systeme transparenter und in ihrer hohen gesellschaftlichen Relevanz beherrschbarer werden. Es gibt ja diese ganzen „gefürchteten“ Algorithmen von allen möglichen Produkten wie Google bis YouTube – und kein Mensch weiß eigentlich, was die genau machen. Da drängen sich auch wichtige gesellschaftliche und ethische Fragen auf, was sie machen dürfen. Das ist aber nur ein Beispiel für die vielfältigen Herausforderungen, vor die die systemische Komplexität die Gesellschaft stellt. Neuartige Engineering-Methoden müssen hier erarbeitet werden, um die Hürden zu überwinden, die sich heute noch vielfach bei der Einführung und Nutzung dieser Technologin in den Weg stellen – besonders im Mittelstand, wo noch viel Innovationspotenziale zu heben sind.

Haben Sie ein Motto, das Sie den Studierenden mit auf Ihren Lebensweg geben möchten?
Ich erinnere die Studierenden gerne, dass sie Informatik nicht aus Büchern lernen. Das praktische Doing ist entscheidend! Bei der Programmiersprache ist das einfach zu verstehen: Wer ein Buch darüber liest, kann deshalb noch nicht programmieren. Das gilt auch für die Informatik allgemein.