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Den Blick für globale Zusammenhänge schärfen

Prof. Dr. Elena Kashtanova, Dekanin am Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung (Fachbereich 1) der Hochschule Anhalt, im Gespräch über grundlegende Fragen von Wirtschaftspolitik und Lebensqualität.

Frau Prof. Kashtanova, was erwartet Studierende am Fachbereich 1 in Bernburg?
Wir beackern zentrale Fragen für die Zukunft unserer Umgebung und unserer Ernährung. Landwirtschaft, Food-Science, Ökologie, Naturschutz und Landschaftsarchitektur sind Stichworte, die im Zusammenhang stehen mit der Industrialisierung, Urbanisierung und dem Bevölkerungswachstum. Innovationen in der Agrarproduktion, Produktentwicklung, Sicherung der Biodiversität oder Gestaltung von Stadt- und Landschaftsräumen – unser Campus mit 50 Hektar Versuchsfeldfläche auf fruchtbaren Böden in einer der ältesten Kulturlandschaften Mitteleuropas ist prädestiniert für die angewandte Forschung.


Zudem erwartet sie ein besonders schöner Campus…
Unser Campus in Bernburg mit seinen zahlreichen Projektgärten und Freiflächen ist phantastisch und einzigartig. Unsere Labore sind so ausgestattet, dass die Studierenden moderne Experimentalplätze direkt für Fragestellungen aus der Praxis nutzen können. Wir ermöglichen ein projektorientiertes Studium, das auf Techniktransfer und interdisziplinäres Know-how setzt. Unsere Studierenden profitieren von den Kooperationen auch vor Ort, unter anderem mit der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) und Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt.

Sie haben Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaften studiert. Hatten Sie schon als Schülerin einen Sinn für wirtschaftliche Entwicklungen?
Mich hat schon früh das Zusammenspiel von wirtschaftspolitischen Entscheidungen und gesellschaftlichen Entwicklungen fasziniert - möglicherweise ausgelöst auch durch Gespräche mit meinem Vater, der selbst Wirtschaftspolitiker war. Später promovierte ich über Steuerreformen zur Erhöhung des Investitionspotentials in Transformationsländern. Anschließend war ich als Beraterin für Investitionspolitik für internationale Organisationen wie die Weltbank, die UNO und internationale Unternehmen tätig.

Was begeistert Sie an Ihrem Fachgebiet?
Volkswirtschaftslehre ist ein analytisches Werkzeug. Es ermöglicht zu evaluieren und zu prognostizieren, wie die Entscheidungen der Wirtschaftspolitik den Wohlstand vieler Menschen mehren können. Interessant ist auch, wie sich das Verständnis von Wohlstand, Werten und Lebensqualität wandelt, ebenso der Blick auf monetäre und gesellschaftliche Werte. Ein einfaches Beispiel: in der EU hat eine zielgerichtete Agrarpolitik dazu beigetragen, Landwirtschaft als interessante Investitionsbranche zu begreifen, der Bevölkerung Zugang zu Nahrung zu sichern und eine nachhaltige Landnutzung durchzusetzen. In globalen Kontext geht es auch um grundlegende Fragen - wie man Menschen satt bekommt, dabei aber natürliche Ressourcen nicht zerstört und Arbeitsplätze in Agrar- und Ernährungsbranche attraktiv hält.

Sind es Fragen wie diese, die Ihren Studierenden am Herzen liegen? Stimmen deren Vorstellungen vom Studienfach mit der Realität überein?
Nicht alle Neuankömmlinge haben sich bereits mit Fragen der globale Agrar- und Lebensmittelmärkte, der Wirtschaftspolitik oder mit Investitionsstrategien beschäftigt. Doch unseren Studierenden lernen schnell, dass  ein nationaler Markt vom globalen Geschehen abhängig ist. Eine gute Ernte in den USA oder Nachfrageanstieg in Ägypten wirken sich sofort auf den Weizenpreis hier bei uns in Sachsen-Anhalt aus. Deshalb erhalten die Studierenden Werkzeuge der Marktprognosen an die Hand, die sie dazu befähigen, Anwendungen für internationale Geschäfte gemeinsam zu entwickeln – mit Blick auf den Export, auf Direktinvestitionen oder auch den internationalen Technologie- und Wissenstransfer in Länder mit geringfügige Nahrungsmittelsicherung. Was wir allerdings auch beobachten: Die nachhaltigsten emotionalen Erlebnisse der Studierenden kamen aber immer durch Projekte zustande, die sie für Unternehmen durchgeführt haben.  Das kann der Export von Kleintraktoren nach Kamerun ebenso sein wie der Export von  Qualitätssaatgut in die Volksrepublik China, oder ein um Crowdfundingprojekt für Direktinvestition in nachhaltige Sojaproduktion in Uruguay.